Am dreizehnten Tag (German Edition) by Regina Mengel

Am dreizehnten Tag (German Edition) by Regina Mengel

Autor:Regina Mengel [Mengel, Regina]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Qindie - Regina Mengel
veröffentlicht: 2015-01-20T16:00:00+00:00


***

Auf Fatmas Geheiß, kehrten sie in die große Halle zurück. Dort wartete der Bibliothekar auf sie. Trotz seiner zur Schau getragenen Ehrfurcht gegenüber der Prinzessin wirkte er verärgert. Susanna wunderte sich nicht. Schließlich flogen seine geliebten Bücher beleidigt unter der Decke im Kreis, anstatt sich lesen zu lassen. Ein solches Verhalten musste dem natürlichen Instinkt eines Buches zuwiderlaufen.

Wäre sie selbst ein Buch voller spannender Geschichten, für sie gäbe es nichts Großartigeres, als gelesen zu werden. Sie stellte sich vor, in den Händen eines Menschen zu liegen, der versunken ihre Seiten streichelte, der nach ihren Sätzen dürstete und in ihren Buchstaben schwelgte. Ein Leser, der es liebte, ein Buch mehrfach zu lesen, um noch einmal in den Tiefen der Worte zu versinken.

Der Bibliothekar ließ sich von Fatma berichten, was geschehen war. Er runzelte die Stirn.

„Diese Bücher“, sprach er, „haben eine Seele. Ihr habt sie verletzt, gekränkt und auf das Äußerste verärgert. Wenn sie euch auf meine Bitte hin verzeihen, bedarf es nur einer kleinen weiteren Verfehlung eurerseits, um sie erneut zu verschrecken. Dann jedoch werden sie sich nicht noch einmal in eure Hände begeben.“

Susanna versicherte, den Büchern kein Blatt zu krümmen.

„Es tut uns leid, es lag keine Absicht darin.“

„Gut“, sagte der Bibliothekar. „Ich hole Pergament, damit ihr aufschreiben könnt, was euch wichtig erscheint.“ Er verließ die Halle, kehrte aber bald darauf mit einem Stapel Pergament, einem Tintenfass und fünf Federkielen zurück. Er wuchtete seine Last auf einen der Tische und zeigte ihnen, wie sie mit den Federkielen auf dem dicken Pergament schreiben konnten. Susanna versuchte sich an ein paar Worten. Das war gar nicht einfach. Zuerst brach ihr der Federkiel ab, sie musste ihn erneut zuschneiden, dann drückte sie zu fest auf und die Tinte spritzte in alle Richtungen. Schließlich gelang es ihr, wenigstens ihren Namen zu kritzeln.

Währenddessen trat der Bibliothekar in die Mitte der Halle. Kopfschüttelnd sah er zu seinen Schützlingen auf. Er klatschte drei Mal in die Hände, hob einen Arm und beschrieb damit einen Bogen. Die Bücher stoppten ihren Rundflug, folgten seiner Bewegung und glitten dem Fußboden entgegen. Als die Fingerspitzen des alten Mannes senkrecht nach unten zeigten, endete der Sinkflug. Beinahe lautlos schichteten sich die Bücher eines über dem anderen zu einem ordentlichen Stapel auf.

„Von nun an bitte ich euch um Vorsicht“, sagte der Bibliothekar. Er nickte Susanna zu, verbeugte sich vor der Prinzessin und verließ den Raum.

Sofort griff sich erneut jeder von ihnen ein Buch. Susanna ließ sich auf ein Kissen sinken. Sie öffnete den Buchdeckel und begann zu lesen. Liebevoll, beinahe zärtlich, blätterte sie durch die Seiten und überflog Kapitel für Kapitel. Wenn ihr ein Satz wichtig erschien, kritzelte sie ihn auf das Pergament.

Überall in der großen Halle kratzten Federn, wurden Seiten umgeblättert und Worte gemurmelt. Währenddessen reichten sie das Tintenfass herum. Nur Ali Baba hatte noch gar nichts aufgeschrieben. Fatma stand auf. Anstatt sich von Patricks Tisch das Tintenfass zu holen, steuerte sie auf Ali zu.

„Wenn du keine Lust hast, uns zu helfen, dann hättest du es sagen sollen“, fuhr sie ihn an. Susanna sah auf.



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